28.05.2024
Anreise: Weiden - Leipzig DB
Fast genau 10 Monate später stehe ich nun wieder mit gepackten Sachen vor der Haustür. Diesmal gehts nicht mit dem Flixbus nach Hamburg sondern mit der Bahn nach Leipzig.
Das Ziel meiner Reise im vergangenen Jahr? Zurück zu mir selbst und meine innere Stärke wiederfinden..
Neue Ziele, neue Pläne, neue Träume.
Nach 4,5 Wochen allein auf dem Rad durch die Einsamkeit Schwedens bin ich verändert und voller Selbstvertrauen zurückgekehrt.
Im Herzen viele tolle Erlebnisse, Erfahrungen und vor allem Begegnungen.
Abgehärtet, was das Wetter betrifft.
Stolz, auf all die Widrigkeiten und Probleme die ich meistern musste und konnte.
Ich hab tatsächlich geglaubt, so schnell kann mich nichts mehr erschüttern.
Dass ein einziger Anruf 3 Monate später mir das komplette Gegenteil beweisen und den Lauf des Lebens und alles, was man einmal kannte, völlig verändern würde, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Und so stehe ich nun hier, am Bahnsteig, der Rucksack gepackt, der Kopf voller Erinnerungen, Fragen, Unsicherheiten...
Doch wohin führt mich mein Weg diesmal?
Definitiv nicht zurück zu mir selbst.. Denn dieses "Ich selbst" gibt es in der Form nicht mehr. Ich werde diese Version von mir nie wieder haben. Die einzige Version von mir, die ich je kannte. Ich hatte keine Ahnung, dass Trauer so viel Veränderung in einem hervorrufen würde. Teile von mir, die sorglos, furchtlos und sicher waren, wurden innerhalb eines Augenblicks zerstört. Vielleicht lerne ich diese neue Version, die das Leben durch eine ganz andere Brille betrachtet, während dieser Wanderung anzunehmen.
Vielleicht ist es aber auch einfach nur ein kläglicher Versuch, das, was man nicht begreifen und wahrhaben will, zu akzeptieren.
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Nachdem ich viele negative Bewertungen über den Flixbus gelesen habe, wähle ich, trotz meiner eigenen positiven Erfahrung letztes Jahr ,die Bahn.
Fehler Nummer 1.
Schon in Nürnberg stehe ich 1h im Bahnhof. Der Lokführer muss noch eine Arbeitsschutzpause einhalten. Etwas erstaunt über die doch etwas sonderbare Erklärung sehe ich es jedoch recht gelassen, da ich keinen Umstieg bis Leipzig mehr vor mir habe.
Mein Sitzplatz ruft dann gleich mal ungute Erinnerungen hervor, so saß ich doch auf der Fahrt nach Bremen im März genau an derselben Stelle.
Mein Gepäck platziere ich deshalb vorsichtshalber auf dem Nachbarsitz.. man lernt ja dazu.
Landschaftlich ist die Strecke zum Glück sehr schön. Erstmal Richtung Bamberg, Coburg, weiter nach Thüringen über Saalfeld, Rudolstadt und Jena. Unterwegs gibs als Entschädigung für die Verspätung sogar ein Stück Schokolade. Welch großzügige Geste der Deutschen Bahn.
Kurz vor 19 Uhr erreiche ich nun endlich den Leipziger Hauptbahnhof.
Noch 4 Kilometer Fußmarsch, die mir gleich mal schonungslos die Augen öffnen.
Vielleicht war ich bei meiner Etappenplanung nicht so ganz bei Sinnen...
Wandern mit kompletter Ausrüstung ist eben doch was anderes, als ein Spaziergang vor der heimischen Haustür.
Da man ja aber Herausforderungen braucht, schüttel ich die zweifelnden Gedanken erstmal ab und lasse den Abend mit meinem Bruder auf der Terrasse, über den Dächern Leipzigs, ausklingen.
Mit einem tollen Sonnenuntergang verabschiede ich mich ins Bett.. Dee morgige Tag soll schließlich recht früh beginnen.
Tag 1: Leipzig - Löbnitz
48,9 km
Nach einer seltenen Nacht, in der ich durchschlafe, fühle ich mich am Morgen eher wie gerädert.
Müde, Kopfschmerzen.
In der Hoffnung, dass frische Luft den nötigen Energiekick gibt, laufe ich eine kleine Runde zum Bäcker.
Am Frühstückstisch anschließend eine kurze Routenbesprechung. Der Via Imperi folgen oder doch lieber die östliche Alternative entlang der Seen? Die Entscheidung fällt schon nach kurzer Zeit.
Weniger Straße, schönere Landschaft.
Und so lasse ich den Via Imperi heute mal noch unberührt.
Neben mir ein krankes Kind, dass nicht mit auf die erste Klassenfahrt darf. Die Stimmung damit schon am frühen Morgen im Keller 🙈
Deshalb Zeit für mich aufzubrechen.
Nach einem kurzen Feinschliff des Rucksacks von Christian, mache ich mich nun kurz nach 7 auf den Weg.
Ziel: eine befreundete Familie in Löbnitz, kennengelernt vor über 30 Jahren im Ostseeurlaub. Mindestens 1-2x im Jahr verbrachte ich einige Tage dort. Kindheitserinnerungen.
Die ersten 6 Kilometer führen mich erstmal durch die Stadt. Der Rucksack passt, gefühlt sitzt alles besser als gestern.
Schon nach 500 Metern werde ich angepöbelt, meine Augen im falschen Moment bei der falschen Person.
Da sind sie, die glücklichen Großstädter am frühen Morgen.
Im letzten Moment verkneife ich mir ein Schmunzeln. Man muss sich ja nicht auf die ersten 10 Minuten gleich "Freunde" machen .
Knapp 10 Kilometer dauert es, bis die städtischen Reihenhäuser der ehemaligen Arbeitersiedlungen durch kleine Einfamilienhäuser ersetzt werden.
Außerhalb der Stadt werden die angedrohten Schläge bei Blickkontakt dann auch endlich wieder durch ein Lächeln ersetzt, was den Wohlfühlfaktor um einiges in die Höhe treibt.
Die nächsten 4 Kilometer geht es trist auf einem asphaltierten Radweg bis östlich von Rackwitz. Vor mir ein Schriftzug auf dem Asphalt: Bergezeitfahren.
Ein kurzer Blick nach vorn.. den Berg suche ich vergeblich. Lediglich ein zu erahnender Anstieg über die Autobahnbrücke lässt sich mit viel Phantasie erkennen, maximal 5 Höhenmeter die überwunden werden müssen.
Am Schladitzer See kommt nun gleich ein wenig Urlaubsfeeling auf.. auch die Sonne zeigt sich, sodass ich eine Schicht nach der anderen ausziehen kann.
Mit im Gepäck, oder eher am Mann /Frau, die erste Zecke .. 🙄 Normal schaue ich immer gleich , wenn ich durch hohes Gras gehe. Wo ich die aufgesammelt hab, ist und bleibt mir ein Rätsel, ging die Strecke doch bisher nur durch die Stadt und über Asphalt.
Auch der Werbelliner See lässt ein wenig Ruhe einkehren. Kein Straßenlärm, keine hektisches Treiben , nicht mal Radfahrer oder Jogger trifft man hier. Lediglich 3 Spaziergängern begegne ich. Unter ihnen ein älteres Ehepaar. Als ich an ihnen vorbei bin, höre ich es hinter mir nur murmeln.
" Die geht bestimmt bis nach Delitzsch."
Kurze Pause..
" Oder noch weiter."
Einen Moment überlege ich aufzuklären. Aber dann beschließe ich sie noch ein wenig weiter spekulieren zu lassen.
In Delitzsch dann endlich der erste Supermarkt. Schnell ist das Nötigste gekauft. Bis zu einer passenden Sitzgelegenheit muss ich das Extra-Gewicht im Rucksack nun leider in Kauf nehmen. Das war auf dem Rad schon deutlich einfacher.
Durch die Stadt ist man schnell. Unter anderem auch aufgrund der Regentropfen, die sich jetzt unter die schwüle Luft mischen.
In einem schwachen Moment will ich aufs Regenradar schauen, bis mich die Erinnerung an Schweden das Handy wieder in der Hosentasche verschwinden lässt. Bei Wettervorhersagen glaube ich mittlerweile nur noch das, was ich selbst sehe.
Kurz nach Delitzsch lande ich, wiedereinmal, mitten im militärischen Sperrgebiet.
"Zutritt verboten. Gefahr durch Munition im Boden. Schießübungen von 0-24 Uhr. Lebensgefahr!"
Diesmal sogar auf Deutsch. Da zählt nicht mal die "habs nicht verstanden"-Ausrede.
Wird schon keiner kommen.
Dass die angekündigten Schießübungen kein Witz sind, wird auch mir nach 20 Minuten entgültig bewusst. Gewehrschüsse und Detonationen wo man nur hin hört.
Die werden ja bestimmt keine verirrten Wanderer erschießen, beruhige ich mich.
Oder doch...?
Der Akku vom Handy lässt es eigentlich nicht zu, trotzdem hole ich die Kopfhörer raus und versuche das gröbste mit lauter Musik zu übertönen.
Wenige hundert Meter später befinde ich mich inmitten einer Fußmarschgruppe der Bundeswehr.
Bloß keinen anschauen, vielleicht falle ich dann gar nicht weiter auf ..
Nach 2 Kilometer biegen sie schließendlich alle ab und ich bin wieder allein. Ein kurzer Blick auf die Karte offenbart , ich muss noch mindestens 5 weitere Kilometer Musik hören.
So langsam meldet sich auch der Hunger.
Bei Kilometer 40! taucht nun auch mal eine Sitzmöglichkeit zum Essen auf.
Schnelle Pause, was essen, weiter.
Ein kurzer Blick zurück weckt endlich wieder Schwedenerinnerungen....
Der Farbe der Wolken nach zu urteilen könnte das ein Bushaltestellenmoment werden.. Nur diesmal ohne Bushaltestelle.
Im selben Moment erreicht mich eine Nachricht von Jürgen, ob ich die Erdbeeren schon geerntet und gegossen hab.
Hätte ich vorher erwähnen sollen, dass es in meinem Leben auch Aktivitäten gibt, bei denen ich über 4 Minuten pro Kilometer unterwegs bin?
Kurz tauschen wir uns aus, wie lang ich noch brauche und wo ich den Schlüssel finde, falls ich vor ihm ankomme.
"Wenn wir noch was brauchen, ums Eck ist gleich die Kaufhalle."
Danke lieber Jürgen. Spätestens jetzt bin ich 32 Jahre zurück in meine Kindheit im Osten katapultiert wurden.
"Kaufhalle klingt zu westdeutsch. Das ist ein Konsum" verbessere ich ihn noch, dann legen wir auf.
Da sich die Erdbeeren mittlerweile selbst gießen, kann ich mir weiter Zeit lassen.
Gegen 17 Uhr erreiche ich Löbnitz.. Was ich noch als große Tagebaugruben in Erinnerung hab, sind mittlerweile riesige Seenlandschaften geworden. Außer einem Reiterhof kommt mir nichts mehr bekannt vor.
Über 20 Jahre war ich nun nicht mehr hier..
Und dann ist es so weit...
Ich gehe durchs Gartentor, durch die Eingangstür und sehe mich als 6 jähriges Mädchen mit meinem Vater im Garten Federball spielen.. Ein einziger Moment , eine einzige Erinnerung, die mich wieder völlig aus der Bahn wirft.
Und dann glaubt man, man wäre darauf vorbereitet um dann festzustellen, dass man auf rein gar nichts vorbereitet ist...
Und wahrscheinlich auch nie sein wird.
Tag 2: Löbnitz - Lutherstadt Wittenberg
55,83 km
Ich schlafe einigermaßen gut, auch wenn mich meine heutige Streckenplanung ein wenig beunruhigt. Die naheliegende Fähre über die Mulde wurde eingestellt, da der Fährmann vor einiger Zeit besoffen ertrunken ist. Somit führt bis Bad Düben keine Brücke mehr ans andere Ufer.. Diese Liebe zum Alkohol bescheren mir mindestens 8 Extrakilometer.
Eine besorgte Nachricht meiner Mutter am Abend vorher tut ihr Übrigens.. Wetterwarnung vor Starkregen und Überschwemmungen am Wochenende.
Hingegen jeglicher Befürchtung schmerzt beim Aufstehen weniger als gedacht. Grund genug , mich in Laufschuhen auf die Suche nach bekannten Orten zu machen.
Fündig werde ich leider nicht... Zuviel hat sich verändert. Dennoch ist es immer noch eine wunderschöne Gegend, in der ich mich als Kind schon sehr wohl gefühlt hab.
Schweren Herzens verabschiede ich mich von Jürgen, der schon vor mir das Haus verlassen muss. Diesmal hoffentlich nicht für die nächsten 20 Jahre.
Frisch gestärkt mache auch ich mich gegen 7 Uhr wieder auf den Weg.
Sicherheitshalber gehe ich durch alle Räume 3x.. Was das Vergessen betrifft, hab ich mein Soll für dieses Jahr schließlich schon mehr als erfüllt.
Die Strecke noch schnell auf die Uhr laden, kurzer Wettercheck, Rucksack auf, letzte Chance ...Tür zu.
Die ersten 10 Schritte offenbaren dann gleich mal das erste Leck. Eine aufgeriebene Stelle in der Mitte vom Rücken 🙄
Natürlich immer dort, wo man mit dem Pflastern allein nicht hinkommt.
Für 9 Kilometer geht es nun parallel zur Mulde in Richtung Bad Düben.
Die Häuser auf der anderen Seite sind gefühlt zum Greifen nah.
An einer flachen Stelle müsste man doch eigentlich durchwaten können, geht es mir durch den Kopf.
Kurz darauf ein ernüchternder Blick auf den Fluss und seine Strömung .
Damit hätte sich der Plan auch wieder erübrigt.
Schon nach nicht mal einer Stunde hole ich den Schirm aus dem Rucksack. Während die Wettervorhersage am Frühstückstisch noch gelegentlichen Regen bis Mittag prognostiziert hat, wurde die Regenphase nun schon bis in den Abend hinein verlängert.
Zeitgleich erreicht mich eine Nachricht.. Bei dir soll es bis zu 150 l Regen geben.
Ich hoffe auf einen schlechten Scherz, ziehe die Regenjacke an und gehe weiter.
Mit Schirm erreiche ich Bad Düben. Supermarktmöglichkeit 1.
Angesichts dessen, was mich heute noch erwartet, entschließe ich mich für Supermarktmöglichkeit 2. Dauert halt jetzt etwas.
Der Pilgerweg führt mich heute viel durch Wald.
Vorbei am Skulpturenpark, mit sonderbaren Gebilden, in den Wäldern immer wieder lange Geraden. Wenn ein Weg schon I-Linie, M-Linie, X,Y,Z- Linie heißt.🙄
Wie ich es liebe... Nicht.
Die Wege sind zum Glück gut befestigt, sodass mich die Nässe von oben wenig stört.
Das ändert sich jedoch schlagartig, als der schöne Waldweg in einen grasbewachsenen Pfad umschwenkt.
Nicht nur die Füße sind nun nass, auch von oben werde ich immer wieder von herabhängenden Ästen und Blättern gefühlt geduscht.
Die Stimmung kurzzeitig ganz weit unten, hasse ich doch nichts mehr, als nasse Füße.
Zum Glück lässt der Regen nach einiger Zeit wieder nach. Ich hab jetzt ein regenfreies Fenster von knapp 2 h. Das sollte bis zum Supermarkt reichen.
Zwischen Zschiesewitz und Gnesa kommt mir kurz darauf eine Horde Kinder auf dem Rad entgegen. Ungefähr 30, verteilt auf 3 Lehrer. Fünf strahlend vorn weg, 10 motiviert aber ohne Spaß hinterher, 15 schiebend mit vertreten Augen am Ende.
Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen und freue mich einmal mehr, dass ich noch 4 Tage Ferien hab.
Ein wunderschön gestalteter Rastplatz im nächsten Dorf zeigt wiedermal, was alles möglich ist, wenn man nur will. In Schweden sind solche Plätze gang und gäbe. Leider muss ich weiter.
Nach mehr als 7 Stunden taucht nun auch endlich das erlösende Supermarktschild auf. Mit den dunklen Gewitterwolken im Nacken ist das Rettung in letzter Sekunde. Sogar einen Bäcker gibt es.
Ein Kaffee ist nun auch mehr als nötig.
Als ich vor die Tür gehe, merke ich schon die ersten Tropfen. Wenige hundert Meter weiter die erste Bushaltestelle, die sich für die Essenspause anbieten würde.
Nehmen oder pokern?
Ich schau kurz auf die Karte...
Pokern!
400 m weiter wird der Regen schlimmer.
Zu meiner linken eine Kirche. Ich versuche es - offen.
Ich gehe rein, schau mich kurz um ... Trocken, Sitzbänke, Mülleimer...
Kann ich das jetzt echt bringen? Mein Gewissen schaltet sich ein und funkt dazwischen.
Dann halt nicht.
Kurz darauf zum Glück die nächste Bushaltestelle.
Punktlandung. Kaum das ich sitze, schüttet es aus Eimern.
Plötzlich ist um mich herum trotzdem alles nass. Ich schau nach oben und finde die Ursache.
Bei einem derartigen Schauer reicht eben schon der kleinste Schlitz im Dach.
Ich schnappe meine Sachen und wechsle die Straßenseite.
Haltestellen gibt's ja zum Glück immer zwei.
Es dauert nicht lang, dann beginne ich zu frieren. 17 Grad sind eben einfach nicht viel.
Eine zweite Jacke hilft nur kurz und so wäge ich ab - weitergehen und nass werden oder frieren aber dafür trocken?
Ich entscheide mich für nass.
Also breche ich auf.
Einfach die Straße weiter, dann sollte ich wieder auf der geplanten Route sein. An der Kreuzung springt mir dann ein Straßennamenschild ins Auge ..
Bahnhofsstraße.
Drei Schritte weiter realisiere ich, was ich da gerade gelesen hab.
Ein kurzer Blick auf die Uhr. Noch 13,5 km...
Denk nicht mal dran!
Mein Wille lässt mich dann doch weiterziehen. Kurz knickt er nochmal ein, als der Wanderweg mitten durch den Bahnhof, vorbei am Zug nach Wittenberg führt. Der übrigens in 6 Minuten abfahren würde.
Soll ich nicht vielleicht doch ?
Da ich weiß, das ich mich später ärgere, gehe ich eisern weiter. Was sind schon 13 Kilometer, wenn heute morgen noch 52 auf der Uhr standen.
Wiedererwartend lässt der Regen bald etwas nach.
1 1/2h früher als es die Wetterapp prognostiziert hat.
Warum schaue ich eigentlich überhaupt noch nach...
Die letzten 10 Kilometer befinde ich mich auf dem Europaradweg R1 , der über 4500 km von London nach Helsinki führt.
Sofort entstehen neue Ziele im Kopf.
In der Ferne sehe ich dann schon die Brücke über die Elbe und gleichzeitig das Ziel meiner Etappe.
So schnell die ersten 45-50 Kilometer auch heute wieder verflogen sind, so langsam vergehen die letzten 5.
Da ich auch in Deutschland kein Vertrauen ins Wetter mehr hab und der angesagte Starkregen doch ein wenig ein ungutes Bauchgefühl hervorruft, lasse ich den Campingplatz links liegen, bin Weichei und gehe ins Hotel.
Weder jetzt noch morgen früh hab ich Lust im Regen auf- und abzubauen.
Die letzten Meter führen mich durch die Altstadt und über den Marktplatz. Ich bin positiv überrascht, so hat Wittenberg doch ein wunderschönes Zentrum.
Ist vielleicht doch noch ein kleiner Stadtbummel drin?
Ich beschließe erstmal im Hotel einzuchecken, bevor ich weitere Pläne mache.
Schlüssel und die Bezahlung gehen schnell und problemlos. Zimmernummer 103. 1 Stock.
Im nächsten Moment ist dann auch die Entscheidung über den Stadtbummel gefallen. Wer 56 Kilometer wandert , für die 1. Etage jedoch den Aufzug benutzt, hat heute vor der Tür einfach nichts mehr verloren.
Und überhaupt hab ich das Gefühl, mein Gangbild wirkt ein wenig unrund. Das würde dann nämlich auch die belächelnden Blicke der anderen Hotelgäste erklären.
Nach der wohlverdienten Dusche lasse ich meinen Tag Revue passieren.
Auch heute bin ich wieder überrascht, wie schnell und kurzweilig die Zeit vergeht. Die ständig wechselnde Regenprognose lenkt dann doch sehr gut von möglichen mentalen Tiefs ab. Vor lauter "was mache ich wenn.." und "wie weit komme ich bevor..." Überlegungen hat man gar keine Zeit darüber nachzudenken, wie viele Kilometer man da eigentlich noch vor sich hat.
Nichtsdestotrotz hab ich großen Respekt vor dem morgigen Tag, wenn ich vor der Hoteltüre stehe, die Uhr wieder 50 Kilometer von vorn rückwärts zählt und ich mit dem schweren Rucksack auf dem Rücken von vorn beginne.
Tag 3: Wittenberg - Brück
48,33 km
Der Abend endet mit viel Regen. Umso glücklicher bin ich über ein trockenes Bett , wenn auch das Badezimmer für meinen Zustand gestern Abend viel zu weit weg war. Jeder Schritt kostete Überwindung.
Das Fenster zur Fußgängerzone verursacht eine etwas unruhige Nacht, aber die Erschöpfung sorgt zum Glück für ein paar Stunden guten Schlaf.
Am Morgen hört der Regen auf, wenn auch ohne Sonne. Für eine kleine Laufrunde durch Wittenberg passt das Wetter perfekt.
Mit der Option, nach 500 m einfach wieder zurück ins Hotel zu gehen, probiere ich es und laufe los. Zu meiner großen Überraschung geht das Laufen besser als die 4 Schritte gestern ins Bad.
Vielleicht ist mein Körper mit dem langsamen Tempo einfach überfordert 🧐 ...
Zurück im Hotel gehe ich zum Frühstück. Ab 6 Uhr für die Frühaufsteher, heißt es. Kurz nachdem ich am Speisesaal angekommen bin, öffnet eine Mitarbeiterin des Hotels die Tür und wir dürfen rein.
Mein erster Weg geht zur Kaffeemaschine, die allerdings noch im Spülvorgang steckt.
Im selben Moment motzt es neben mir schon:
Tja!!
Es ist ja auch noch nicht 6 Uhr!!
Ich schau sie an. Ich schau auf die Kaffeemaschine. Ich schau auf die Uhr : 5:59:35 Uhr.
Echt jetzt?
Wiedereinmal wird mir bewusst, dass man "im Osten" immer noch nicht verstanden hat, wer in den Touristengebieten das Geld bringt.
Ich versuche es, kann mir aber einen Kommentar leider nicht verkneifen.
Das normale Frühstück mit zusätzlich warmen Speisen beginnt 6:30 Uhr und kostet 5€ mehr.
Ob sie mich in 30 Minuten aus dem Speisesaal werfen, wenn ich nicht fertig bin?
Das will ich wissen und lasse mir extra viel Zeit.
Immerhin gibt es eine gute Auswahl.
Ein kurzer Blick auf die Uhr ...
6:35 Uhr ..
Keine grimmigen Augen in Sichtweite.
Naja.. immerhin..
Zurück auf den Zimmer packe ich alles zusammen, ändere die heutige Route noch ein wenig ab und bin schließlich kurz vor 7 startklar.
45 km sagt die Uhr.
Erfahrungsgemäß werden es immer 2-4 Kilometer mehr.
Das heutige Ziel ist Brück.
Schon die ersten Sekunden mit dem Rucksack auf den Schultern dämpfen die Euphorie, so merkt man dann doch, dass mehr Stellen schmerzen als man es unterwegs spürt.
Somit werden die ersten Meter bis zum Ausgang eher Quälerei.
Es dauert keine 3 Kilometer, dann hab ich Wittenberg verlassen.
Gott sei Dank, wirklich schön ist nämlich tatsächlich nur das Zentrum.
Die ersten zwei Stunden führt mich meine Route noch auf dem Pilgerweg, dann zweige ich in westlicher Richtung ab.
Es geht immer wieder durch Waldgebiete oder zwischen Getreidefeldern hindurch, dessen Geruch mich an viele Urlaube als Kind an der Ostsee erinnert.
Auch das Wetter spielt mit. Maximal ein paar Minuten feiner Nieselregen, ansonsten ist es trocken.
Schon nach 12 Kilometern ärgert mich eine schmerzende rechte Schulter. Ich versuche es nicht zu beachten, was auch erstmal gut funktioniert.
Kilometerweit begegne ich keinem einzigen Menschen. Auch in den kleinen Dörfern sieht man niemanden.
Lebt hier überhaupt noch jemand? Man könnte meinen, ich hab Deutschland unbemerkt verlassen und wandere durch die tiefsten Grenzzonen von Polen. Alles tote Dörfer.. zumindest scheinbar.
Nach Boßdorf nehmen die Schmerzen wieder zu. Ich versuche die Schulter zu entlasten, indem ich den Träger ein wenig weiter nach außen verrutschte, doch auch das hilft nur kurzzeitig.
Gestern, inmitten einer der vielen Regenschauern, dachte ich mir noch, ich würde auch 60 Kilometer wandern, wenn es dafür trocken ist. Heute ist es trocken und ich kämpfe schon bei Kilometer 15.
Was man in der Verzweiflung doch manchmal für dumme Gedanken hat...
Noch 12 Kilometer bis zum Supermarkt... Ich versuche es mit Etappenzielen. Hilft körperlich wenig, dafür aber dem Kopf.
Bei Kilometer 20 übertrete ich schließlich die Grenze und erreiche Bundesland Nummer 3.
Mit Lobbese erreiche ich wieder eines dieser toten Dörfer. Teilweise sind nicht mal die Straßen asphaltiert.
Begegnet man dann doch mal einem Eingeborenen, ist die Freude riesig und so halte ich einen kurzen Plausch mit einem brandenburger Urgestein. Sichtlich beeindruckt über meine Route kommt er aus dem Strahlen gar nicht mehr heraus.
Mit einem " Na dann mal noch jute Reise, wa?" verabschieden wir uns.
Die Kilometer bis zum Supermarkt ziehen sich auch heute wieder. Bis Niemegk muss ich durchhalten. Wieder 30 Kilometer. Weder Bäcker, Tankstelle noch ein Tante - Emma Laden tauchen vorher auf. Mittlerweile verstehe ich aber auch, warum es nichts gibt.
Für wen auch?
Das Dorfgemeinschaftshaus sieht genauso mitgenommen aus, wie die paar wenigen Menschen die man sieht.
Man hat den Eindruck, seit der Wende ist in dieser Gegend nichts passiert. Dadurch haben die Menschen verständlicherweise resigniert und sich gefühlt aufgegeben.
Auch in Niemegk, der erste größere Ort, direkt an der Autobahn, setzt dieses Bild fort. Das "Zentrum " tot. Bis auf eine Sparkasse und zwei Wirtshäuser gibt's nichts mehr. Nicht mal einen Bäcker.
Worüber ich vor ein paar Stunden noch gewitzelt hab, stimmt mich mittlerweile nachdenklich. Was läuft schief, dass ganze Gegenden in Deutschland aussterben?!
Ich bin selbst in der ehemaligen DDR 3 Jahre lang aufgewachsen, bevor die Grenzen geöffnet wurden. Eine Erinnerung an diese Zeit ist quasi nicht vorhanden. Dennoch habe ich gerade den direkten Vergleich bezüglich Aufbau Ost und ich muss feststellen, das Vogtland ist das St. Tropez des Ostens dagegen.
Schon wenige 100 Meter nach Niemegk fühle ich mich schlagartig wieder wohl. Die Laubwälder haben sich in Kiefernwälder verwandelt. Ein Wanderweg schöner als der Andere. Die durchkämpfende Sonne tut ihr Übriges.
Wie auch schon gestern, ziehen sich die letzten Kilometer wieder ins Unendliche.
Mit jedem weiteren Schritt wird es beschwerlicher.
Eine einladende Bank versuche ich zu ignorieren.
Würde ich mich jetzt setzen, müsste ich bis morgen früh dort bleiben.
Über Couchsurfing kann ich heute Nacht bei Jasmina und ihren beiden Kindern übernachten. Das Prinzip ist dasselbe wie bei Warmshowers, man bietet Radreisenden und Wanderern kostenlos eine Übernachtungsmöglichkeit an.
Gegen 17:30 Uhr erreiche ich Brück.
Jasmina und ihre Kinder ... Namen hab ich leider vergessen... erwarten mich schon.
Ich schaue sie an, ich schaue ihre Kinder an..
Manchmal reichen Sekunden und man weiß alles: Eine Öko - Familie wie sie im Buche steht.
Nach einem kurzen Smalltalk führt sie mich in die Wohnung.
Puh.. ich hab in Schweden ja viel erlebt. Aber irgendwie schaffts halt immer einer, der noch eins oben drauf zu setzen.
Jeglicher Versuch, das hier zu beschreiben würde scheitern.
Eine Nacht...Es ist nur eine Nacht Karina..
Übrigens auch ein Vorteil vom Reisen mit dem Rad... Man kann in solchen Fällen noch spazieren gehen und flüchten.
Nichtsdestotrotz... Alle beide sind wieder unglaublich gastfreundlich und nett..
Da vergisst man das ganze Drumherum meist recht schnell.
Nach ein paar schönen Gespräche verabschieden wir uns alle ins Bett, bevor mich morgen meine letzte Etappe bis Potsdam erwartet... Sofern es das Wetter wolle...
Tag 4: Brück - Potsdam
47 km
200 km Gesamt
Dank ihrer 2 Kinder ist abends schnell Ruhe im Haus. So komme auch ich früh ins Bett, die langen Tage auf den Beinen hinterlassen ihre Spuren.
Am Abend frage ich Jasmina noch nach Milch, da ich in der Küche keine finde.
"Kühlschrank haben wir nicht. Unser Kühlschrank ist die Treppe."
Spätestens jetzt fällt mir wirklich nichts mehr ein.
Ich schlafe relativ gut, lediglich 1x stehe ich nachts auf und auch diesmal ist es wieder kein Spaß ins Bad zu kommen.
Zum ersten Mal verwerfe ich den Gedanken an meine kleine Laufrunde am Morgen.
Meine innere Uhr weckt mich natürlich pünktlich gegen 5. Die Sonne scheint..
Ach komm, drei Kilometer gehen schon. Und so stehe ich 10 Minuten später vor der Tür.
Drei Schritte, vier Schritte, 20 Schritte, 100 Schritte..
Es fühlt sich an, als wäre nichts..
Wiedereinmal geht das Laufen so viel besser als das Wandern. Auch die Schmerzen, die mich unterm Gehen ärgern, sind weg..
Da es Frühstück heute unterwegs gibt, packe ich zusammen und bin kurz nach halb 7 bereits unterwegs.
Der Weg führt mich durch Brück... Und tatsächlich gibt's hier sowas wie Leben. Friseur, Bäcker, Gasthäuser, Hotel, Bahnhof, Supermarkt, Apotheke.
Ich decke mich im Supermarkt und beim Bäcker mit dem Nötigsten ein.
Frühstücksplatz wird eine einfache Bank vorm Supermarkt in der Sonne. Keine Experimente. Auf eine schönere Möglichkeit zu warten hat bisher noch nie funktioniert.
Über Beelitz geht es heute weiter bis nach Potsdam - meinem Endziel.
Nochmal 46 bis 47 Kilometer.
Das Wetter spielt mit.. zumindest jetzt am Morgen. Die Sonne wärmt bereits, sodass die Jacke schnell im Rucksack verschwindet. Nach Neuendorf führt der Weg erstmal längere Zeit durch Kiefernwälder oder zwischen Getreidefeldern hindurch. Auf den Freiflächen weht zum Glück der Wind, sonst wäre es schon viel zu warm.
In weiser Vorahnung hab ich mich bei Jasmin noch gut mit , selbstverständlich ökologisch verträglicher, Kindersonnencreme eingeschmiert. LSF 50. Das sollte reichen.
Nach Reesdorf treffe ich auf die Nieplitz. Ein kleiner Fluss, der mich nun bis Beelitz begleitet. An einem kleinen Rast- und Infoplatz befindet sich auch ein Einstieg ins Wasser.
Kurzerhand ziehe ich Schuhe und Socken aus. Einen Moment überlege ich, mich komplett abzukühlen, verwerfe das Vorhaben aber aufgrund einiger Radfahrer schnell wieder.
Bis zu den Knien schaffe ich es, halte dabei aber die Luft an.
So kalt sah das gar nicht aus. Die Abkühlung an den Beinen und Füßen tut jedoch verdammt gut.
Kurz darauf erreiche ich Beelitz. Der erste Eindruck überrascht mich, so scheint das wohl eines der wenigen Städtchen zu sein, an denen der Wandel nicht vorüber gezogen ist.
Ein Geschäft am Anderen, liebevoll hergerichtete Häuser, gepflegte Grünanlagen.
Kein Wunder, dass sich hier auch der Ein oder andere Tourist tummelt.
Zwischen Beelitz und Seddiner See eine kurze Lagebesprechung mit meinem Cousin. Den Abend wollen wir im etwas außerhalb gelegenen Garten verbringen, den ich nur noch wage in Erinnerung hab. Mein letzter Besuch dort ist nun mittlerweile über 30 Jahre her.
Damit er nicht so lange auf mich warten muss, würde ich mit der S-Bahn einfach nachkommen. Vor 17 Uhr werde ich nicht in Potsdam sein.
" Ich kann dich auch einfach einsammeln, wenn ich gegen 15 Uhr losfahre."
Nettes Angebot, aber:
Nein...Danke
Da unterscheiden sie sich eben... Die Kraft- und die Ausdauersportler 🙈
In Kähnsdorf treffe ich auf den Seddiner See. Einladend ohne Ende, bei den heutigen Temperaturen. Da ich aber irgendwann mal ankommen möchte, gehe ich schweren Herzens weiter.
16 Kilometer noch. Licht am Ende des Tunnels.
Auf dem Weg nach Wildenbruch telefoniere ich nochmal kurz mit Thomi um ihm mitzuteilen, dass ich direkt zum Hauptbahnhof gehe und mit dem Zug nach Dragow fahre.
Beim Auflegen fällt mein Blick auf eine Sitzgruppe. Eine kurze Pause muss noch drin sein. Diese kurzen Verschnaufpausen sind jetzt gewagt. Die große Kunst ist es mittlerweile , nur so kurz zu sitzen, dass man wieder hochkommt aber dennoch so lange, dass sie was bringt.
Die immer dunkler werdenden Wolken schüren meine Unruhe.
Ich versuche mich bei Laune zu halten.
Verschiedene Ausweichpläne gehen mir durch den Kopf.
Ich nehme einfach das nächste Stadtrad, lasse die Uhr weiterlaufen, fahre nicht schneller als ich wandere und am Ende glaubt jeder, ich hätts durchgezogen.
Schöner Gedanke.
Mach ich natürlich nicht !!
10 Kilometer vorm Ziel erreiche ich Wilhelmshöhe. Kurz darauf werde ich von einer Mitfahrerbank nach Potsdam auf die Probe gestellt.
Auch wenn die Versuchung groß ist ...
Nein!
Diesmal hat das Regenradar Recht.
Die dunkle Wolke über mir lügt nicht.
In Sichtweite ein Supermarkt und eine Bushaltestelle.
Perfekt...
Erst Supermarkt, dann in der Haltestelle aussitzen.
Gesagt , getan.
Ausgerechnet jetzt kommt natürlich wieder ein Bus.. Hält... fragt ob ich mit fahren möchte...
Ich presse ein "Nein danke " raus..
In dem Moment fällt mein Blick auf die Anzeige:
Potsdam Hauptbahnhof
Jetzt wills aber jemand wissen.
Parallel verhandel ich per WhatsApp mit meinem Cousin, der mich unbedingt einsammeln und mitnehmen will..
So langsam wird's hart 🙈
Welchen Teil von "Nein" verstehen Männer eigentlich nicht ?!
Die letzten Kilometer weiche ich auf die Micheldorfer Chaussee aus. Bei dem Wolkenfeld um mich herum traue ich mich nicht mehr in den Wald.
Kurze Zeit später eine neue Nachricht von Thomas.
Sein Standort mit dem Zusatz, ich gehe jetzt noch mit dem Hund.
Glück gehabt, er ist 500 m hinter mir.
Sag ich ihm natürlich nicht.
Bei exakt 200 Gesamtkilometern steht Thomas mit dem Auto.
Ich habe keine Chance und drücke auf Stopp.
Die Wiedersehensfreude ist groß und so vergesse ich auch schnell, dass es eigentlich noch 1,5 Kilometer bis zu meinem eigentlichen Ziel wären.
14 Jahre haben wir uns nun nicht mehr gesehen.
Den Abend verbringen wir außerhalb von Potsdam, im Garten, den ich das letzte Mal vor 30 Jahren gesehen hab.
Ein Teil der Familie meines Vaters , die ich ebenfalls Jahrzehnte schon nicht mehr gesehen hab, ist auch dort...
Unter ihnen auch mein Onkel.. der Bruder meines Vaters.
Schon immer sahen sich die beiden ähnlich, mittlerweile sind sie fast nicht mehr voneinander wegzukennen. Nicht nur das Aussehen, auch die ganze Mimik und Gestik.
Für wenige Stunden hab ich das Gefühl, er ist noch bei mir...
Einerseits unglaublich schön, andererseits unglaublich schmerzhaft und schwer...
Am Abend sitzen wir noch lange zusammen, genießen den warmen Sommerabend und erzählen uns Geschichten und Erlebnisse aus der Vergangenheit.
Besonders den Erzählungen meines Onkels aus seiner und Papas Kindheit könnte ich stundenlang folgen...
Und damit endet meine Wandertour von Leipzig nach Potsdam..
4 Tage, 200 Kilometer , nur mein Rucksack und Ich.
4 Tage, in denen ich wiedermal gemerkt habe, was Körper und Kopf alles schaffen können..
Mit Höhen, mit Tiefen aber am Ende vor allem mit Stolz..
Es war diesmal nicht nur eine Reise um aus meinen Gedanken auszubrechen sondern auch eine Reise in die Vergangenheit und meine Kinderheit.
Ich habe Menschen und Familie getroffen, die ich viel zu lange nicht gesehen hab und mich wiedermal gefragt, warum immer so viel Zeit vergehen muss..
Warum schiebt man so vieles immer so lange hinaus?!
Warum erkennt man nicht, dass man nicht ewig Zeit hat?!
Wenn ich eins in den letzten Monaten gelernt hab, dann MACHEN...
"Irgendwann ist irgendwann zu spät..."